6 Synthese — oder die Promotionsfrage: Erhöhen implizit standardisierte digitale Medien die Professionalität der Lehrkräfte und die Kompetenzen der Lernenden?
Toni Cramer :: Irisweg 36 :: 71672 Marbach :: 07144-861177 :: info@microtonic.de
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Zwischen 35% und 44% der Lehrkräfte (je nach Schulart) messen digitalen Medien im Unterricht eine wichtige Rolle bei, aber nur 10% sehen das an ihrer jeweiligen Schule realisiert. Nur etwas mehr als ein Viertel der Lehrer nutzt die interaktiven oder multimedialen Möglichkeiten eines Computers im Unterricht Weniger als die Hälfte der Lehrer gibt an, einen guten Überblick über die Einsatzmöglichkeiten digitaler Medien im Unterricht zu haben [Allensbachstudie (2013)]. Die große Mehrheit der Lehr-kräfte nutzt den Computer wie einen Beamer oder Overheadprojektor — zum Präsentieren von Fachinhalten im Unterrichts-geschehen.
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Die Gründe für den zurückhaltenden Einsatz digitaler Medien im Unter-richt werden darin gesehen, dass unter den Lehrkräften „eine Qualifizierung für den didaktischen Einsatz digitaler Medien bisher noch zu gering ausgeprägt ist.“ [Breitner u. A. (2010), S. 10; Fuhrmann (2012)].
[Schaal & Crossley (2013)] schlagen vor, auf der Grundlage des von [Mishra & Köhler (2009)] entwickelten „Technological Pedagogical Content Knowledge“-Modells (kurz TPACK-Modell) die Lehrer-professionalität zu verbessern, um damit digitale Medien und neue Technologien in die Lehreraus- und -fortbildung und damit den naturwissenschaftlichen Unterricht zu integrieren.
Im Rahmen dieser Promotion werden insbesondere zwei Segmente des TPACK-Modells näher beleuchtet:
- TPK: Technologisch-Pädagogisches Wissen
- TCK: Technologisch-inhaltiches Wissen
Schaal & Crossley (2013, S. 4) beschreiben diese Segmente folgender- maßen:
Segment
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Beschreibung
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Beispiel
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TK
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(Technisches) Wissen über die Anwendung von Hardware, der Programme und Anwendungen sowie der verbundenen Geräte
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Allgemeines Wissen uber Web 2.0-Anwendungen (z.B. Wiki, Blog, Facebook), Texteditoren- oder Präsentationsprogramme
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PK
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Bildungswissenschaftliches Wissen, Lerntheorien, Klassenführung, etc.
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Allgemeines Wissen über die Gestaltung von handlungs- und problemorientierten Lehr-Lern-Umgebungen
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CK
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Kompetenzbereich Fachwissen
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Überblick über die biologische Vielfalt, Grundlagen der Humanbiologie oder der Thermodynamik …
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PCK
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Fachdidaktisches, pädagogisches Inhaltswissen
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Inhaltsbezogen pädagogisches Wissen zu erklärungskräftigen Metaphern, Analogien, Beispielen, Erklärungen, Visuali-sierungen, Demonstrationen, Erkenntniswegen. Hinzu kommt das Wissen über lernerleichternde stoffbezogene Schüler-kognitionen wie Alltags-konzepte, Vorkenntnisse und Schuler-interessen. Lernerschwerend dagegen können mangelnde Kenntnisse bei Basiskonzepten oder Fehlkonzepte sein.
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TPK
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Kenntnis verschiedener Technologien und deren Eigenschaften, die für die Gestaltung von Lehr‐Lern-Umgebungen relevant sind.
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Digitale Medien als kognitive Werkzeuge, zur computer-unterstützten Zusammenarbeit, Nutzung von Onlineforen, Blogs oder Wikis in Lernprozessen, Web- und Videoquests.
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TCK
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Wissen über technische Hilfen zur Erkenntnisgewinnung, zur Darstellung, zur Erkundung und Konstruktion von Fachwissen, ohne dabei den Lehr-Lern-Kontext zu berücksichtigen.
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Einsatz von Statistikprogrammen wie SPSS, 3D-Visualisierungen von Molekülen, Simulationen von Prozessen, Nutzung von Datenbanken wie http://genome.ucsc.edu
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TPACK
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Wissen zur Nutzung spezifischer Medien zur Unterstützung spezifischer Lernprozesse und zur Erleichte ung der fachbezogenen Wissenskonstruktion
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Einsatz von interaktiven Animationen zur Visualisierung immunbiologischer Vorgange, Modellierung von Räuber-Beute-Schemata, Simulation der Ausbreitung von Pandemien, Nutzung von MindMap-Anwendungen zur taxonomischen Strukturierung
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Folgende Hypothesen untersucht das Promotionsvorhaben auf seine lernpsychologische Wirksamkeit:
Hypothese 1
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Implizit standardisierte Medien-Module bzw. Medien-Modul-Sets erniedrigen die Schwelle des unterrichtlichen Einsatzes digitaler Medien durch die Lehrkraft und erhöhen im Gegenzug deren TPK und TCK.
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Hypothese 2
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Implizit standardisierte Medien-Module bzw. Medien-Modul-Sets verstärken den Kompetenzzuwachs der Lernenden signifikant.
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„Implizit standardisiert“ bedeutet in diesem Zusammenhang für das einzelne Medien-Modul bzw. Medien-Modul-Set:
- Charakterisierung nach den theoretischen Konzepten und Prinzipien multimedialer Systeme (vgl. Eintrag Konzepte).
- Klassifizierung nach der kognitiven Lernziel-Matrix nach Andersen & Krathwohl (vgl. Eintrag Mediendesign).
- Kompetenzprofil nach den KMK-Bildungsstandards bzw. nach den ESNaS-Kompetenzmodell (vgl. Eintrag Kompetenzen).
- Standardisierung ist im Hinblick auf Benutzerführung und Bildschirmlayout nach den beim Ernst Klett Verlag entwickelten Richtlinien für interaktive Medien-Module (vgl. Eintrag Mediendesign)
Folgendes Lehr-Lern-Szenario ist denkbar: Die Lehrkraft wählt in einem (datenbank-gestützten) Lehr-Lern-System je nach individuellem Unterrichtsstil und anvisiertem Lernziel Medien-Module oder Medien-Modul-Sets nach mindestens einem der nachfolgenden Kriterienset aus:
- Inhaltlich über eine Themenliste (z. B. gegliedert nach Thema, Kapitel, Unterkapitel) oder über eine Suche mithilfe von alphabetisch gelisteten Schlagwörtern (alternativ: Volltextsuche)
- Nach theoretischen Konzepten und Prinzipien multimedialer Systeme
- Nach kognitiven Lernzielen (nach Andersen & Krathwohl)
- Nach einem Kompetenzprofil (nach dem KMK- und/oder ESNaS-Modell)
- Dazu passende Materialien (z. B. Arbeitsblätter, Grafiken, Tests usw.)
Multimediale Konzepte und Prinzipien, kognitive Lernziele und curriculare Kompetenzen können über eine „Ankreuz-Matrix“ bzw. facettenbasierte Suche [vgl. Fuhrmann (2012)] von der Lehrkraft ausgewählt werden.
Aus dem gleichen Lehr-Lern-System können auch vorkonfigurierte Medien-Modul-Sets für eine Unterrichtssequenz ausgewählt werden, die nach Lernstand der Lernenden entweder linear oder vernetzt strukturiert sind – oder auch beide Makrodesigns bereithalten (vgl. Eintrag Mediendesign).
Entscheidend in diesem Szenario ist jedoch, dass sich die Lehrkraft auf den rein inhaltlichen Zugriff der Medien des Lehr-Lern-Systems beschränken kann und sich um die weiteren Kriterien keine Gedanken machen muss. Diese werden einem Medien-Modul oder Medien-Modul-Set implizit mit auf den Weg gegeben, sobald es in das Lehr-Lern-System eingestellt wird. Wichtig ist jedoch, dass das Kriterienset dialogisch bzw. evolutionäre durch die Nutzerschaft angepasst werden kann (vgl. nachfolgendes Kapitel 7 zum Evaluationsdesign).
Je nach Auswahl und Instruktion durch die Lehrkraft erhält die Schülerin bzw. der Schüler ein Medienpaket,
- welches sie bzw. er alleine oder kooperativ
- in einer lokalen oder delokalisierten Gruppe
- im Unterricht oder zu Hause
- angeleitet oder selbständig durcharbeiten kann.
Inhaltlich konzentriert sich das Forschungsvorhaben auf die Biologie und dort auf das Themenfeld Immunbiologie. Dabei werden die Medien-Module bzw. Medien-Modul-Sets der noch zu bestimmenden Lehr- bzw. Lernsequenz in bilingualer Form — sowohl in deutscher als auch in englischer Sprache — angeboten. Für die englischsprachige Version werden Vokabellisten aus den Schul-buchreihen „Natura Biologie“bzw. „Prisma Biologie“des Ernst Klett Verlages zur Erarbeitung des fachsprachlichen Vokabulars bereitgestellt.
Die Promotion ist assoziiert an das europäische Bildungsforschungsprojekt INTACT der PH Ludwigsburg. Aus dieser Promotion werden die Ergebnisse zur Wirkung implizit standardisierter Medien-Module dorthin eingespeist bzw. umgekehrt dortige Erkenntnisse in diese Promotion übernommen. Die Entwicklung eines datenbank-gestützten Lehr- Lern-Systems — oder anders ausgedrückt einer Lehr-Lern-Plattform — ist nicht Gegenstand dieser Promotion; jedoch kann die Promotion einen Beitrag zum Metadatenmodell des Datenbank-Designs beisteuern und bei der Konkretisierung den facettenbasierten Such- bzw. Auswahl-mustern von Medien-Modulen bzw. Medien-Modul-Sets unterstützen.